Gestaffelte Löhne für die Lohnklassen Q und A: Anwendung der Bestimmungen für den Personalverleih

Art. 43 Abs. 2 und 3 AVE LMV 2012-2015

Dokument­nummer

SVK 13/2013; SVK 90/2016

Publikations­datum

19. April 2013

Version

30. November -0001

Zusammenfassung

Anwendbarkeit der Bestimmungen für Personalverleiher im Rahmen des Vollzugs des AVE LMV 2012-2015 (Anwendung von Art. 43 Abs. 2 im Rahmen des AVE LMV 2008 in VK-SPK 45/2006, Übergangsbestimmungen von AVE LMV 2008 zum AVE LMV 2012-2015 in SVK 37/2013)

Art. 43 Abs. 2 LMV hat im neuen LMV 2012-2015 eine Änderung erfahren. Darüber hinaus wurde ein neuer Art. 43 Abs. 3 LMV eingefügt. Mit Beschluss im SVK Referenzfall 90/2016 wurde hinsichtlich Art. 43 Abs. 2 LMV festgehalten, dass diese Bestimmung auf alle Arbeitnehmer der Lohnklasse Q und somit ebenso auf Arbeitnehmer mit einem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) in einem Beruf für Hilfsbetriebe in den Unternehmungen des Bauhauptgewerbes im Sinne von Ziffer 2.2. des Anhangs 15 AVE LMV anwendbar ist.

In der Stellungnahme wird ausgeführt, in welcher Konstellation diese zwei inhaltlich neuen Absätze für den Personalverleih Anwendung finden können.

Zusammengefasst ist festzuhalten, dass ein Personalverleiher die Bestimmungen von Art. 43 Abs. 2 und 3 LMV dann analog anwenden kann, wenn er sich im Rahmen eines unbefristeten Einsatzvertrags vollumfänglich an die Regeln des LMV und somit insbesondere auch an die Kündigungsfristen des LMV hält.

Entscheidung

Anwendung und Auslegung von Art. 43 Abs. 2 und 3 LMV 2012 – 2015 im Personalverleih

Weniger restriktiv als noch im LMV 2008 („in einem Ausnahmefall“) kann im LMV 2012-2015 der anzuwendende Basislohn für einen gelernten Baufacharbeiter der Lohnklasse Q (und neu auch für einen gelernten Baupraktiker oder Strassenbaupraktiker der Lohnklasse A) im Anschluss an die erfolgreich abgeschlossene Lehre bei unbefristeter Festanstellung für eine bestimmte Zeit unterschritten werden.

Bei der Frage, ob diese Regelung auch für Personalverleiher Anwendung findet, ist auf die Unterschiede zwischen einer unbefristeten Festanstellung und Temporärarbeit hinzuweisen. Eine unbefristete Festanstellung im Bauhauptgewerbe ist an teilweise andere Arbeitsbedingungen geknüpft. Hierbei sind insbesondere die Kündigungsfristen im Landesmantelvertrag für das schweizerische Bauhauptgewerbe wie auch auf die Probezeitregelungen im Gesamtarbeitsvertag für den Personalverleih zu berücksichtigen.

  • In Art. 10 AVE GAV Personalverleih wird bezüglich der Probezeit festgehalten, dass für Arbeitnehmende mit einem auf unbestimmte Zeit lautenden Vertrag, deren Anstellung ein neues Arbeitsverhältnis begründet, die ersten drei Monate als Probezeit gelten (Art. 10 Abs. 4 GAV Personalverleih, der nicht allgemeinverbindlich erklärt ist, sieht im Übrigen in der Probezeit eine Kündigungsfrist von 2 Arbeitstagen vor *). Art. 18 AVE LMV 2012-2015 hingegen hält fest, dass während der zweimonatigen Probezeit, die mittels schriftlicher Abrede auf drei Monate verlängert werden kann, das Arbeitsverhältnis mit einer Kündigungsfrist von fünf Arbeitstagen täglich aufgelöst werden kann.
  • Art. 19 AVE LMV 2012 – 2015 regelt nach der Probezeit die Kündigungsfristen bei einem definitiven Arbeitsverhältnis:

1. Dienstjahr: Frist von einem Monat

2. bis 9. Dienstjahr: Frist von zwei Monaten

Ab 10. Dienstjahr: Frist von drei Monaten

Im AVE GAV Personalverleih hingegen ist bezüglich der Kündigungsfristen (während der Probezeit oder bei einem unbefristeten Einsatz) nichts geregelt. Es gelten daher die Spezialregelungen von Art. 19 Abs. 4 Arbeitsvermittlungsgesetz, wonach die gesetzlichen Minimalfristen, die bei unbefristeten Einsätzen gelten, bedeutend kürzer sind als im Bauhauptgewerbe:

1. bis 3. Dienstmonat bei ununterbrochenem, unbefristetem Einsatz: Frist von mindestens zwei Tagen (diese Frist gilt auch während der Probezeit);

4. bis und mit 6. Dienstmonat: Frist von mindestens sieben Tagen.

Erst ab dem 7. Dienstmonat einer ununterbrochenen Anstellung gelten im Personalverleih die Kündigungsfristen von Art. 335c Abs. 1 bzw. 2 OR.

Unter Berücksichtigung dieser Fakten hat die SVK Folgendes festgehalten:

Art. 43 Abs. 2 AVE LMV 2012 – 2015 legt fest, dass der anzuwendende Basislohn bei Arbeitnehmern der Lohnklasse Q „im Anschluss an die erfolgreich abgeschlossene Berufslehre bei unbefristeter Festanstellung im 1. Jahr um höchstens 15%, im 2. Jahr um höchstens 10% und im 3. Jahr um höchstens 5% unterschritten werden“ kann. Gar über vier Jahre gestaffelt werden kann der Lohn gemäss Art. 43 Abs. 3 LMV im Anschluss an die erfolgreiche Berufslehre beim gelernten Baupraktiker oder Strassenbaupraktiker der Lohnklasse A.

Vorausgesetzt wird somit, dass eine „unbefristete Festanstellung“ eines Arbeitnehmers im Anschluss an seine erfolgreich abgeschlossene Berufslehre im Bauhauptgewerbe vorliegt.

Ausgehend von dieser Ausgangslage wird zudem klar, dass die Bedeutung eines „unbefristeten Arbeitsverhältnisses“ im Personalverleih grundsätzlich andere Komponenten enthält und eine andere Bedeutung hat als im Landesmantelvertrag für das schweizerische Bauhauptgewerbe.

Um im Bereich Personalverleih aufzuzeigen, dass vom Personalverleiher tatsächlich die Absicht besteht, einen Arbeitnehmer in einem Baubetrieb unbefristet und fest einsetzen zu wollen, erscheint es notwendig, dass der Personalverleiher sich im unbefristeten Einsatzvertrag auch vollumfänglich an die Regeln des LMV und somit insbesondere auch an die Kündigungsfristen des LMV hält. Erfüllt der Personalverleiher in jeder Beziehung und vor allem auch in Bezug auf die Kündigungsfristen die Vorgaben des LMV, kann diese Ausgangslage mit einer unbefristeten Festanstellung verglichen werden. Dies wiederum hat zur Folge, dass der Personalverleiher in diesen Fällen auch die Bestimmungen über den gestaffelten Lohn gemäss Art. 43 Abs. 2 und 3 AVE LMV 2012 – 2015 analog anwenden kann.

Bei befristeten Einsatzverträgen finden die Art. 43 Abs. 2 und 3 LMV 2012 – 2015 klarerweise keine Anwendung.

 

* Mit BRB vom 29. März 2016 (AVE in Kraft seit 1. Mai 2016) hat der Bundesrat die folgende Bestimmung des GAV Personalverleih allgemeinverbindlich erklärt:

„Art. 11 Kündigung

1 Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis jederzeit unter Einhaltung einer Frist von zwei Arbeitstagen gekündigt werden. (…)“

–> Damit wurde die zuvor nicht allgemeinverbindlich erklärte Bestimmung von Art. 10 Abs. 4 GAV Personalverleih durch Art. 11 Abs. 1 AVE GAV Personalverleih ersetzt.

Datei

SVK 13/2013; SVK 90/2016
Anwendbarkeit der Bestimmungen für Personalverleiher im Rahmen des Vollzugs des AVE LMV 2012-2015 (Anwendung von Art. 43 Abs. 2 im Rahmen des AVE LMV 2008 in VK-SPK 45/2006, Übergangsbestimmungen von AVE LMV 2008 zum AVE LMV 2012-2015 in SVK 37/2013) Art. 43 Abs. 2 LMV hat im neuen LMV 2012-2015 eine Änderung erfahren. Darüber hinaus wurde ein neuer Art. 43 Abs. 3 LMV eingefügt. Mit Beschluss im SVK Referenzfall 90/2016 wurde hinsichtlich Art. 43 Abs. 2 LMV festgehalten, dass diese Bestimmung auf alle Arbeitnehmer der Lohnklasse Q und somit ebenso auf Arbeitnehmer mit einem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) in einem Beruf für Hilfsbetriebe in den Unternehmungen des Bauhauptgewerbes im Sinne von Ziffer 2.2. des Anhangs 15 AVE LMV anwendbar ist. In der Stellungnahme wird ausgeführt, in welcher Konstellation diese zwei inhaltlich neuen Absätze für den Personalverleih Anwendung finden können. Zusammengefasst ist festzuhalten, dass ein Personalverleiher die Bestimmungen von Art. 43 Abs. 2 und 3 LMV dann analog anwenden kann, wenn er sich im Rahmen eines unbefristeten Einsatzvertrags vollumfänglich an die Regeln des LMV und somit insbesondere auch an die Kündigungsfristen des LMV hält.