VK SPK 48/2005
30. November -0001
Die Stellungnahme geht auf einige wichtige Aspekte ein, die bei der Frage des Geltungsbereichs von Anhang 12 LMV zu prüfen sind.
Insbesondere wird erörtert, weshalb die Zusatzvereinbarung nicht nur für alle Betriebe gilt, die Untertagbauten im Geltungsbereich des LMV ausführt, sondern auch für Baustellen. Ebenso wird auf die Spezialität der ARGE (Arbeitsgemeinschaften) eingegangen.
Anhang 12 LMV: Anwendung der Bestimmungen über den Untertagbau
Im Folgenden einige Aspekte, die bei der Frage des Geltungsbereichs des Anhang 12 LMV zu prüfen bzw. zu berücksichtigen sind.
Die Untertagbauvereinbarung vom 15. Dezember 2000 wurde mit Bundesratsbeschluss vom 4. Mai 2001 allgemeinverbindlich erklärt. Am 4. Mai 2004 erfolgte dies für die Untertagbauvereinbarung vom 15. Mai 2003. Art. 2 Abs. 3 und 4 des Bundesratsbeschlusses über die Allgemeinverbindlicherklärung des Landesmantelvertrages für das Bauhauptgewerbe vom 22. August 2003 in Verbindung mit dem BRB vom 10. November 1998 lautet wie folgt:
„3 Die allgemeinverbindlich erklärten, in fett gedruckten Bestimmungen des im Anhang wiedergegebenen Landesmantelvertrages (LMV) gelten für die Betriebe, Betriebsteile und selbständigen Akkordanten des Hochbaus, Tiefbaus, Strassenbaus (einschliesslich Belagseinbau), Untertagbaus… “
4 Die allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen gelten für die in den Betrieben nach Absatz 3 beschäftigten Arbeitnehmer (unabhängig ihrer Entlöhnungsart und ihres Anstellungsortes), welche auf Baustellen und in Hilfsbetrieben der Baubetriebe tätig sind. …“
Die Geltungsbereiche des LMV und des Anhang 12 LMV ergänzen sich. Dabei geht der Anhang 12 dem LMV vor. Hervorzuheben ist, dass die Untertagbauvereinbarung für ihre Anwendung von einer weiteren Anknüpfung ausgeht. Während der LMV auf einer betrieblichen Anknüpfung basiert (Betriebe, Betriebsteile und selbständigen Akkordanten des Hochbaus, Tiefbaus… Untertagbaus…), knüpft die Untertagbauvereinbarung an Betriebe und Baustellen an. Der BRB vom 4. Mai 2005 Art. 2 der Untertagbauvereinbarung lautet wie folgt:
„Diese Zusatzvereinbarung gilt für alle Betriebe und Baustellen, die Untertagbauten imGeltungsbereich des LMV ausführen.“
Der Begriff der „Baustellen“ im Sinne dieser Bestimmung beinhaltet zunächst ein örtliches Anknüpfungskriterium, indem auf allen Baustellen, wo Untertagbauten erfolgen, die Untertagbauvereinbarung gilt; unabhängig davon, ob der Arbeitgeber dem LMV untersteht oder nicht. Neben dieser örtlichen Bedeutung kommt dem Begriff „Baustelle“ – wie der Wortlaut zeigt – eine weitere Bedeutung zu. Die Bestimmung nennt „Baustellen, die Untertagbauten im Geltungsbereich des LMV ausführen.“ Grundsätzlich ist eine Baustelle ein Ort, wo bauliche Tätigkeiten erfolgen. Eine Baustelle ist nicht Subjekt, sondern Objekt. Die Vertragsparteien der Untertagbauvereinbarung haben mit dem erwähnten Wortlaut auch Arbeitsgemeinschaften („ARGE“) erfasst und diese den Betrieben gleichgestellt. [Diese Auslegung deckt sich mit dem klaren Willen der Vertragspartner des LMV, der im Anhang zum Bundesratsbeschluss über die Allgemeinverbindlicherklärung des LMV 2000 von 10. November 1998 zum Ausdruck kommt. Darin steht folgende Definition: „NB: Wo „Betrieb“ steht, ist auch „Arbeitgeber“ im Sinne des Gesetzes gemeint;….“] Die Bestimmung soll dem Umstand Rechnung tragen, dass Untertagbauten meistens durch mehrere, zu einer ARGE zusammengeschlossene Betriebe, realisiert werden und dabei komplizierte und schwer zu kontrollierende Strukturen entstehen.
Bei der Baustelle ist die ARGE mit der Realisierung beauftragt worden. Bei Baustellen wie derjenigen der ARGE schliessen sich verschiedene Unternehmer zusammen, um gemeinsam ein Grossprojekt zu realisieren. Zu diesem Zweck unterstellen die beteiligten Hauptunternehmer ihre Arbeitnehmer dem Weisungsrecht der ARGE. Der einzelne Arbeitgeber verliert sein Weisungsrecht und seine Fürsorgepflicht zugunsten der ARGE. Die ARGE implementiert eineeigene, von den einzelnen Unternehmern unabhängige Organisation. Die einzelnen Unternehmen haben bezüglich des Arbeitszeitregimes sowie der Schichteinteilung auf der Baustelle keinen Einfluss mehr. (Dazu auch Art. 31, 32 und 33 LMV.)
Diese Gesamtplanung und Einbindung der einzelnen Unternehmen, auch der Subunternehmern, führt dazu, dass die ARGE alle Arbeitnehmer, auch diejenigen der Subunternehmer als für die „ARGE“ im Einsatz stehend betrachtet. Entsprechend wird die Gesamtplanung auf der Baustelle durch die ARGE vorgenommen. Zudem ist auch die ARGE für die Weitervergabe von Arbeiten an die Subunternehmer verantwortlich und nicht die einzelnen an ihr beteiligten Hauptunternehmer. In allen Verträgen mit den Subunternehmern ist die ARGE Vertragspartei. Es kommt hinzu, dass es sich bei den beauftragten Subunternehmern zum Teil wiederum um aus verschiedenen Unternehmen bestehende Arbeitsgemeinschaften handelt. Dies ergibt insgesamt ein äusserst komplexes, ineinander verschachteltes System.
Die PK-UT geht bei ihren Kontrollbesuchen auf diesen Grossbaustellen von solchen komplexen Sachverhalten aus und nimmt eine Gesamtbetrachtung vor. Die arbeitsvertraglichen Bestimmungen im Rahmen der NEAT-Baustellen ergeben sich aus den gesetzlichen Bestimmungen über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen, deren Umsetzung auf der werkvertraglichen Ebene sowie aus den gesamtarbeitsvertraglichen Bestimmungen des LMV undder Untertagbauvereinbarung.
Unter diesen Aspekten ist die Tätigkeit der Arbeitnehmer der Firma auf der Baustelle zu prüfen. Als Subunternehmer hat die Firma Ihre Arbeitnehmer, die auf der Baustelle arbeiten, der Organisationsstruktur der ARGE unterstellt. Die Arbeitnehmenden arbeiten im vorgegebenen Schichtbetrieb und unterstehen dem Weisungsrecht der ARGE. Ihre Arbeiten sind engstens verknüpft mit dem Baubetrieb. Üblich ist auch, dass sogenannte ‚Werkstattarbeiten‘ (Betrieb, Unterhalt und Reparatur von Maschinen auf Untertagbaustellen) von den Bauunternehmungen durchgeführt werden, weshalb sie als Betriebsteil der ARGE zu qualifizieren sind. (Fällt z.B. eine Bohrmaschine aus, so wird der Baubetrieb stillgelegt. Anders ist die Lieferung und Montage solcher Baumaschinen zu werten.) Mit anderen Worten, auf Grossbaustellen werden ganze Equipen für die Wartung von Baumaschinen eingesetzt, die im Schichtbetrieb arbeiten. In der Regel haben Grossbauunternehmungen eigene Betriebsabteilungen mit Werkstattpersonal, dievollumfänglich unter die Bestimmungen des LMV fallen (dazu die entsprechenden Regelungen imAnhang 15 LMV). Es handelt sich hierbei um den Unterhalt bzw. Instandhaltung von Baumaschinen. Entsprechend ist auch der Aspekt der Konkurrenzierung in diesem Kontext zu prüfen (dazu Anhang 12 Art. 19 Abs. 2 LMV).