Kategorie 1: Lohnerhöhungen 2023 – Auslegungsfragen der PBKs LMV 2023

Ar. 41 Abs. 2 LMV, Art. 43 Abs. 2 und 3 LMV

Dokument­nummer

SVK 15/2023

Publikations­datum

1. März 2023

Version

17. September 2024

Entscheidung

Am 29. November 2022 unterzeichneten die Vertragsparteien des LMV die neue Vereinbarung über den Landesmantelvertrag für das schweizerische Bauhauptgewerbe 2023-2025 (Vereinbarung) sowie die Löhne 2023.

Anschliessend wurde der LMV 2023 am 10. Dezember 2022 von den Branchenkonferenzen der Gewerkschaften Unia und Syna bzw. am 13. Januar 2023 von der Delegiertenversammlung des SBV genehmigt und ist somit ab 1. Januar 2023 in Kraft getreten.

Obwohl der LMV 2023 noch nicht für allgemeinverbindlich erklärt worden ist, sind die PBKs bereits mit diversen Fragen zum Anwendungsbereich und zur Auslegung einiger der neuen Bestimmungen des LMV an die SVK herangetreten. 

Die Geschäftsstelle der SVK hat die bisher gestellten Fragen in die folgenden Kategorien gegliedert und dem SVK Vorstand an seiner Sitzung vom 8. Februar 2023 zur Diskussion und zum Entscheid vorgelegt:

  • Lohnerhöhungen 2023 (Kategorie 1)
  • Feiertagsentschädigung (Kategorie 2)
  • Arbeitszeitkalender (Kategorie 3)
  • Arbeitszeitmodell [Über- und Minderstunden] (Kategorie 4)
  • GAV-Bescheinigung und Subunternehmen (Kategorie 5)

Die somit gefällten Entscheide des SVK Vorstands werden nachfolgend unter den genannten Kategorien wiedergegeben.

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Lohnanpassungen gemäss Vereinbarung vom 29. November 2022

Die Vertragsparteien des LMV haben Folgendes bestimmt:

 

Art. 2 Basislöhne

Die Basislöhne gemäss Art. 41 LMV, Anhang 9, Art. 6 Abs. 2 Anhang 13 und Art. 5 Abs. 2 Anhang 17, Stand 31.12.2022 werden auf den 1.1.2023 um CHF 100.00 pro Monat bzw. analog die Stundenlöhne (mathematisch gerundet auf CHF 0.05) erhöht. Die jeweiligen Tabellen sind im Anhang II zu dieser Vereinbarung enthalten.

Art. 3 Effektivlöhne

Allen dem LMV unterstellten Arbeitnehmern wird per 1. Januar 2023 eine (generelle) Anpassung des Einzellohnes auf allen Lohnklassen gemäss Art. 42 und den Anhängen 13 und 17 LMV um jeweils CHF 150.00/Monat (CHF 0.85/Stunde bei vereinbartem Stundenlohn) gewährt. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer im Jahr 2022 mindestens 6 Monate in einem dem LMV unterstellten Betrieb gearbeitet hat und «voll leistungsfähig» ist (vgl. Art. 45 Abs. 1 lit. a LMV).

Für Arbeitnehmende, die im Sinne von Art. 45 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 LMV dauerhaft nicht voll leistungsfähig sind, ist individuell eine schriftliche Vereinbarung über die Lohnerhöhung zu treffen, welche die vorstehenden Ansätze gemäss Art. 41 Abs. 1 LMV unterschreiten kann.

Berechnungsgrundlage für die Anpassung ist der Einzellohn vom 31. Dezember 2022. Ab dem 1. Juli 2022 bereits vereinbarte generelle (betriebsweite) Teuerungsanpassungen und Lohnerhöhungen können an die vorstehendende Erhöhung per 1. Januar 2023 angerechnet werden.

 

1. Anrechnung der vereinbarten generellen (betriebsweite) Teuerungsanpassungen und Lohnerhöhungen an die vorstehendende Erhöhung per 1. Januar 2023

Gemäss Art. 3 letzter Absatz der Vereinbarung ist der Einzellohn vom 31. Dezember 2022 die Berechnungsgrundlage für die Lohnanpassung. Ab dem 1. Juli 2022 bereits vereinbarten generellen (betriebsweite) Teuerungsanpassungen und Lohnerhöhungen können an die vorstehendende Erhöhung per 1. Januar 2023 angerechnet werden.

Fragestellung

Es stellt sich die Frage, ob sich das „generelle (betriebsweite)“ lediglich auf die „Teuerungsanpassungen“ oder aber auch auf die „Lohnerhöhungen“ bezieht.

Beschluss des SVK Vorstands

An der Sitzung vom 9. Februar 2023 hat der SVK Vorstand beschlossen, dass sich das „generelle (betriebsweite)“ sowohl auf die „Teuerungsanpassungen“ als auch auf die „Lohnerhöhungen“ bezieht.

 

2. Mindestanstellung und Berechnungsgrundlage für die Lohnanpassung

Gemäss Art. 3 erster Absatz der Vereinbarung ist Voraussetzung für die Lohnanpassung, dass der Arbeitnehmer im Jahr 2022 mindestens 6 Monate in einem dem LMV unterstellten Betrieb gearbeitet hat und «voll leistungsfähig ist». Gemäss Art. 3 dritter Absatz der Vereinbarung ist Berechnungsgrundlage für die Anpassung der Einzellohn vom 31. Dezember 2022.

 

 

Fragestellung

Es stellt sich die Frage, welche Berechnungsgrundlage für die Lohnanpassung herangezogen wird, wenn der Arbeitnehmer am 1. Januar 2023 in einem LMV-Betrieb neu angestellt wird und im Jahr 2022 sechs Monate lange in einem anderen LMV-Betrieb angestellt war.

Beschluss des SVK Vorstands

An der Sitzung vom 9. Februar 2023 hat der SVK Vorstand beschlossen, dass bei einer Neuanstellung des Arbeitnehmers am 1. Januar 2023 die Löhne im Rahmen der individuellen Vertragsverhandlungen ausgehandelt werden. Der bei der vorangegangenen Anstellung vereinbarte Lohn bleibt unberücksichtigt in den Vertragsverhandlungen. Vorausgesetzt bleibt aber, dass der neue Basislohn ab 1. Januar 2023 berücksichtigt und die korrekte Lohneinstufung vorgenommen wird.

 

3. Lohnanpassungen bei Lernenden

Fragestellung

Es stellt sich die Frage, ob die vorzunehmenden Lohnanpassungen auch für die Lernenden gelten.

Beschluss des SVK Vorstands

An der Sitzung vom 9. Februar 2023 hat der SVK Vorstand beschlossen, dass die in der Vereinbarung vom 29. November 2022 vorgesehenen Lohnanpassungen nur auf die Lohnklassen gemäss Art. 42 sowie den Anhängen 13 und 17 LMV zu gewähren sind, weshalb eine Lohnanpassung für die Lernenden ausgeschlossen ist.

 

4. Lohnerhöhungen für Arbeitnehmer im Anschluss an eine erfolgreich abgeschlossene Lehre unter Berücksichtigung der Regelung über die «gestaffelte Löhne» gemäss Art. 43 Abs. 2 LMV

Gemäss Art. 43 Abs. 2 und 3 LMV kann der anzuwendende Basislohn für einen gelernten Bau-Facharbeiter der Lohnklasse Q im Anschluss an die erfolgreich abgeschlossene Berufslehre bei unbefristeter Festanstellung im 1. Jahr um höchstens 15%, im 2. Jahr um höchstens 10% und im 3. Jahr um höchstens 5% unterschritten werden; der anzuwendende Basislohn kann zudem für einen gelernten Baupraktiker oder Strassenbaupraktiker der Lohnklasse A im Anschluss an die erfolgreich abgeschlossene Berufslehre bei unbefristeter Festanstellung im 1. Jahr auf den Basislohn der Lohnklasse C gekürzt, im 2. Jahr um höchstens 15%, im 3. Jahr um höchstens 10% und im 4. Jahr um höchstens 5% unterschritten werden.

 

Fragestellung

Unter Berücksichtigung der obengenannten Bestimmung stellt sich die Frage, ab wann und auf welcher Basis (Effektivlohn oder Basislohn) die Lohnerhöhung (CHF 150.00 oder CHF 100.00) den Arbeitnehmern im Anschluss an eine erfolgreich abgeschlossene Lehre gewährt wird. Wird die Lohnanpassung auf dem Basislohn vorgenommen und wird anschliessend der Abzug der 15% (im 1. Jahr) getätigt? Oder ist die Lohnanpassung auf der Grundlage des tatsächlich ausbezahlten (gestaffelten) Lohnes vorzunehmen?

Zum besseren Verständnis der Problematik wird die folgende Tabelle als Basis für die Berechnung der vorzunehmenden Lohnanpassung erstellt:

 

Lohnklasse Q

Basislohn 2022 (Lohnzone rot)

Basislohn 2023 (Lohnzone rot)

Normaler Lohn

CHF 5’793.00

CHF 5’893.00

1. Jahr (15%)

CHF 4’924.05

CHF 5’009.05

2. Jahr (10%)

CHF 5’213.17

CHF 5303.70

3. Jahr (5%)

CHF 5’503.35

CHF 5’598.35

 

Variante 1) Effektivlohn als Basis für Lohnanpassung

Lehrabschluss: Juli 2022: Eintritt ab August 2022

Der Basislohn der Lohnklasse Q im Jahr 2022 (CHF 5’793.00) wird für das erste Jahr um 15% gekürzt [CHF 5’793.00 – 15% = CHF 4’924.05]. Die Erhöhung von CHF 150.00 wird ab dem 1. Januar 2023 auf den Effektivlohn (gestaffelten Lohn) des Arbeitnehmers (Stand 31.12.22) berechnet. Dies ergibt einen angepassten Effektivlohn von CHF 5’074.05 [CHF 4’924.05 + CHF 150.00].

Variante 2) Basislohn als Basis für Lohnanpassung

Lehreabschluss: Juli 2022: Eintritt ab August 2022 oder ab 1. Januar 2023

Die Lohnanpassung wird auf dem Basislohn des Arbeitnehmers (Stand 31.12.22) gewährt.

Die Kürzung um 15% wird auf dem am 1. Januar 2023 geltenden Basislohn berechnet.

Der Basislohn der Lohnklasse Q beläuft sich im Jahr 2023 auf CHF 5’893.00 [Basislohn 2022: CHF 5’793.00 + CHF 100.00]. Dieser Basislohn wird im ersten Jahr um 15% gekürzt [CHF 5’893.00 – 15% = CHF 5’009.05].

Beschluss des SVK Vorstands

An der Sitzung vom 9. Februar 2023 hat der SVK Vorstand beschlossen, dass bei gestaffelten Löhnen gemäss 43 Abs. 2 und 3 LMV die Lohnanpassung auf der Grundlage des tatsächlich ausbezahlten gestaffelten Lohnes vorzunehmen ist (Variante 1).

Datei

SVK 15/2023
Letzte Änderung am 17. September 2024, 13.26 Uhr durch Andri Voegele