Betrieblicher Geltungsbereich: Unterscheidungskriterien zwischen Tätigkeiten im Garten- und Landschaftsbau und im Bauhauptgewerbe

Art. 2 Abs. 3 AVE LMV

Dokument­nummer

SVK 15/2010

Publikations­datum

25. Februar 2010

Version

16. September 2024

Zusammenfassung

Massgebendes Kriterium bei der Unterstellungsprüfung ist, ob die typischen Bautätigkeiten oder aber die Landschaftsgartenarbeiten dem Betrieb des Gepräge geben, sofern nicht klar erkennbare unterschiedliche und selbständige Betriebsteile bestehen, welche eine unterschiedliche Zuordnung rechtfertigen.

Nebst der Stellungnahme der SVK gilt es auch die Bundesgerichtsentscheide 9C_614/2009 und BGE 86 I 55 zu beachten.

Entscheidung

Unterscheidungskriterien zwischen Tätigkeiten im Garten- und Landschaftsbau und im Bauhauptgewerbeunter Berücksichtigung der Bundesgerichtsurteile vom 28. Januar 2010 [9C_614/2009] und vom1. Juli 1960 [BGE 86 I 155]

1. Tätigkeiten typischer Arbeitsbereich einer Garten- und Landschaftsbauunternehmung(BGE 9C_614/2009 vom 28. Januar 2010)

Tätigkeiten, die zum typischen Arbeitsbereich einer Garten- und Landschaftsbauunternehmung gehören, welche teilweise auch von Baufirmen ausgeübt werden, sind hauptsächlich Gartenbauarbeiten wie Bruchsteinmauern, Sitzplätze, Gartenwege, Natursteintreppen und Landschaftsgartenbau.

2. Typischen Gärtnerarbeiten beinhalten folgende Leistungen(BGE 86 I 155 vom 1. Juli 1960)

bei der Gestaltung von Gärten:

  • manuelle oder maschinelle Rohplanie, sofern sie nicht schon ganz oder teilweise vom Bauunternehmer ausgeführt wurde;
  • Feinplanie;
  • Humusab- und -auftrag, von Hand oder maschinell ausgeführt;
  • Erstellen von Natursteinmauern ohne tragende oder stützende Funktion, nicht über 1-1,5 m hoch, mit oder ohne Mörtel oder Beton;
  • Verlegen von Kunststein- oder Naturstein-Plattenbelägen für Wege und Plätze auf Sand oder Magerbeton;
  • Wegeinfassungen mit Kunststein- oder Natursteinplatten, Stellriemen oder Bordsteinen;
  • Erstellen von Treppen aus Naturstein oder Fertigelementen, mit oder ohne Betonfundament;
  • Anlegen von Plätzen für Aufhängen der Wäsche und Reinigen der Teppiche, von Spielplätzen für Kinder;
  • Erstellen von Zugangs- und Verbindungswegen mit Geröllkiesunterlage;
  • Anlegen kleiner Leitungsgräben.

Hinweis:

Die Erstellung von Mauern, welche in den meisten Fällen nicht höher als 1 m sind, fallen unter Gartenbauarbeiten. Es ist davon auszugehen, dass im Gartenbau bei der Errichtung von Mauern, Treppen, Wegeinfassungen usw. in der Regel für die Befestigung (Fundamente, „Hinterbetonierung“) entsprechend kleine Mengen von Steinmaterial, Mörtel und Beton verwendet wird und es sich hierbei meist um kleine, zum Teil unbedeutende Objekte handelt.

bei der Gestaltung von Turn- und Sportanlagen, öffentlichen Parkanlagen und Friedhöfen:

  • zum Teil die gleichen Leistungen wie bei der Gestaltung von Gärten
  • ferner Erstellen von Trockenturnplätzen und Weichbodenanlagen mit Versetzen der Turngeräte.

zur Gestaltung des Geländes, die ein Gartenbaugeschäft vorzunehmen hat gehören unter Umständen auch Arbeiten wie grössere Erdbewegungen, Erstellen von Mauerwerk, Betonunterlagen usw. gehören.

Diese Arbeiten gehören jedenfalls dann noch zum Gartenbau, wenn sie ein gewisses Ausmass („den üblichen Rahmen“) nicht überschreiten.

  • In Gartenbaubetrieben werden zum Teil Arbeiten ausgeführt, die solchen des Baugewerbes ähnlich sind (gewisse Erdbewegungen, Stein- und Betonarbeiten usw., mit Verwendung von Baumaschinen). Dabei werden für die Erdbewegungen und das Erstellen von Mauerwerk usw. mehr und mehr Maschinen (Traxcavatoren, Betonmischer usw.) eingesetzt, deren sich die Unternehmungen des Hoch- und Tiefbaues zu bedienen pflegen.
  • Handelt es sich um Erdbewegungen, welche mit dem Trax nur bis zu einer geringen Tiefe (ca. 50 cm bis 1 m) vorgenommen werden, so sind diese noch zum Gartenbau zu zählen. Entscheidend ist, ob eine Unternehmung die Herstellung von Bauwerken oder aber nur die Gestaltung der Erdoberfläche zum Gegenstand hat.

Hinweis:

Die vom Bundesgericht beigezogenen Experten führen aus, dass alle diese Arbeiten „in der Fachwelt und gemäss der geltenden Praxis im Bauwesen nicht als Bauarbeiten, d.h. als Arbeiten des Baugewerbes, sondern als ausgesprochene Gärtnerarbeiten betrachtet werden“. „Die Erstellung von Grünanlagen im erwähnten Sinne“, so erklären sie, „ist ein Berufszweig für sich, der die Aufgabe hat, sich unter Heranziehung aller hiefür geeigneter Mittel ausschliesslich mit der Gestaltung der Erdoberfläche und der Landschaft zu befassen“.

3. Der BGE nennt folgende Leistungen als baugewerblichen Verrichtungen:

  • Bau von Stützmauern aus Beton,
  • Bau von grösseren Wasserbassins,
  • ferner Pflästerungen,
  • Erstellen von Teer- und Asphaltbelägen usw.,

Hinweis:

Arbeiten, wie besonders umfangreiche Erdbewegungen mit dem (eigenen) Trax, grössere Steinund Betonarbeiten usw., welche doch über den Rahmen blosser gärtnerischer Gestaltung der Erdoberfläche hinausgehen, sind als eigentliche baugewerbliche Verrichtungen anzusehen.

4. Massgebende Abgrenzungskriterien bei der Unterstellungsprüfung

Entscheidend ist bei der Unterstellungsprüfung, ob die typischen Bautätigkeiten oder aber die Landschaftsgartenarbeiten dem Betrieb das Gepräge geben. Bei Betrieben, welche mehrere Tätigkeiten ausführen, von denen die einen unter den LMV fallen, die andern hingegen nicht, ist massgeblich, welche Tätigkeit dem Betrieb das Gepräge gibt, sofern nicht klar erkennbare unterschiedliche Betriebsteile bestehen, welche eine unterschiedliche Zuordnung rechtfertigen; nicht entscheidend ist hingegen der Handelsregistereintrag (BGE 134 III 11 E. 2.1 S. 13).

Massgebend für die Unterstellung eines Gartenbaubetriebs ist somit, ob er prägend Arbeiten ausführt, die typischerweise von Betrieben des Baugewerbes ausgeübt werden (Bau von Mauern, Strassen, Pflästerungen) oder aber solche, die in den Bereich des Gartenbaus (mit Einschluss des Baus von Gartenwegen, typischen Gartenmauern und dergleichen) gehören.

Gärtnereien und Gartenbaufirmen fallen in den betrieblichen Geltungsbereich des LMV, soweit mehrheitlich Bauarbeiten, Planierungen, Maurerarbeiten usw. ausgeführt werden.

Dies kann aber nicht dazu führen, einen Gartenbaubetrieb einzig deshalb, weil er auch Arbeiten ausführt, die typischerweise von Baufirmen verrichtet werden, dem GAV zu unterstellen. Ausschlaggebend ist die prägende Tätigkeit.

Im Rahmen der Unterstellungsprüfung sind die entscheidungsrelevanten Sachverhaltsabklärungen wenn notwendig mit Umsatzzahlen oder mit der Darlegung der Ergebnisse über die Einsichtnahme der Offerten/Auftragsbestätigungen/Werkverträge zu belegen.

5. Ausbildungsprofil(BGE 9C_614/2009 vom 28. Januar 2010)

Garten- und Landschaftsbau ist eine Fachrichtung der Gärtnertätigkeit (vgl. Art. 1 des Reglements über die Ausbildung und die Lehrabschlussprüfung von Gärtnerinnen und Gärtnern des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements sowie Ziff. 14.10 des Lehrplanes für den beruflichen Unterricht, je vom 7. März 2000).

Zum Ausbildungs- und Tätigkeitsprofil des Gartenbauers (und damit des Gärtners) gehört auch der Bau von Wegen, Plätzen, Treppen sowie von Mauern aus Natursteinen und Elementen (Art. 5 Abs. 3b Ausbildungsreglement).

Die Tätigkeiten des Gärtners/Gartenbauers einerseits und der Berufe des Bau- und Strassenbaugewerbes andererseits überschneiden sich damit teilweise.

Datei

SVK 15/2010
Letzte Änderung am 16. September 2024, 10.33 Uhr durch Andri Voegele
Massgebendes Kriterium bei der Unterstellungsprüfung ist, ob die typischen Bautätigkeiten oder aber die Landschaftsgartenarbeiten dem Betrieb des Gepräge geben, sofern nicht klar erkennbare unterschiedliche und selbständige Betriebsteile bestehen, welche eine unterschiedliche Zuordnung rechtfertigen. Nebst der Stellungnahme der SVK gilt es auch die Bundesgerichtsentscheide 9C_614/2009 und BGE 86 I 55 zu beachten.